Werden unsere Pferde immer besser?

Barbara
Mo, 04.09.2017 – 18:38

Die Zuchtverbände verkünden dies stolz, doch nicht nur Freizeitreiter auch Profis haben zunehmend Schwierigkeiten mit den modernen Sportcracks zurechtzukommen. Auf Spezialrassen auszuweichen ist auch nicht die Lösung, weil der Trend dort ebenfalls zum „Bewegungskünstler“ geht.

Was ist denn so schlimm an ausdruckstarken Bewegungen?

Um diese Frage zu beantworten muss das Pferd in seinem Wesen als Fluchttier betrachtet werden. Seine natürlichen Gangarten sind Schritt, Trab und Galopp. Sie dienen dazu sich möglichst effizient zu bewegen. Die meiste Zeit verbringt ein Pferd in freier Natur grasend und bewegt sich dabei im Schritt vorwärts. Bei Gefahr flieht es im schnellen Galopp. Der Trab dient dazu kraftschonend längere Strecken zu bewältigen.

Kein Pferd würde dies mit hochgerissenen Vorderbeinen im heute so vielgepriesenen Mitteltrab tun. Ein ruhiges gleichmäßiges Arbeitstempo ist da weitaus sinnvoller. Auch im vielfältigen Bewegungsrepertoire des Hengstes taucht der Mitteltrab nicht auf. Wenn er imponieren möchte sind passageartige Tritte, bei denen er sich anhebt, weitaus eindrucksvoller.

Weshalb ist heute der Mitteltrab so gefragt?

Das ist eine berechtigte Frage. Früher gehörte es zum Allgemeinwissen eines Dressurreiters und Ausbilders, dass sich ein gutes Pferd durch die Qualität seines Schritts und seiner Galoppade auszeichnet; der Trab hingegen als einfach Bewegung im Zweitakt am leichtesten im Rahmen von Training und Ausbildung zu verbessern ist.

Die ersten „Bewegungskünstler“ tauchten Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts auf. Sie riefen nicht nur Bewunderung bei Zuschauern hervor, sie wurden auch von Dressurrichtern in Prüfungen mit hohen Noten bedacht. Da ist es nicht verwunderlich, wenn Turnierreiter nach solch einem „Ausnahmepferd“ Ausschau hielten und als Folge die Züchter bemüht waren die Käuferwünsche zu erfüllen.

Offenbar haben sich jedoch weder die Zuchtverantwortlichen noch die Trainer Gedanken darüber gemacht, welche Folgen solche außergewöhnlichen Bewegungen für die Gesundheit des Pferdes haben oder auf Grund welcher Körperbesonderheiten solche Bewegungen überhaupt möglich sind. Es wurde munter drauflos gezüchtet. In der Folge begann die „Nutzungsdauer“ der Pferde zu sinken. Weil aber sowohl die Aufzucht als auch die Ausbildung eines Pferdes Jahre dauert und das Tier in dieser Zeit oftmals den Besitzer oder Trainer wechselt fehlt für die Menschen der direkte Zusammenhang um die Ursachen zu erkennen. So wird gerne die Schuld an den Gesundheitsproblemen den jeweils Anderen zugeschoben.

Welche Auswirkungen haben diese geänderten Zuchtziele auf das Pferd?

Die Spektakulären Trabbewegungen, die schon junge ungerittene Pferde zeigen können, resultieren aus einem verstärkten Schub der Hinterhand, der das Pferd automatisch nach vorwärts auf die Vorhand drückt. Hinzukommt eine zunehmend größere Beweglichkeit, die dem Pferd einerseits erlaubt die Beine höher zu heben, die aber andererseits die Gelenke ebenso wie den Rücken nachgiebiger macht. Je mehr der Rücken nach unten weggedrückt wird, umso höher kann das Vorderbein angehoben werden.

Verschleiß in den Gelenken und Rückenprobleme von kissing spines bis zu Schäden im Bereich des Kreuzdarmbeins nehmen immer mehr zu.

Um schon jungen Pferden vor Beginn ihrer Ausbildung den Anschein einer „Aufrichtung“ zu geben, die ein Pferd erst nach einem sorgfältigen und mehrjährigen Training erreichen kann, wurde züchterisch das Skelett verändert. Durch ein verlängertes Röhrbein wurden die Vorderbeine gestreckt und damit das „Bergaufmodel“ kreiert. Dies ruft wiederum eine ganze Reihe von „Risiken und Nebenwirkungen“ hervor. Einer ist der veränderte Schwerpunkt, der wiederum verhindert, dass die „klassische Reitlehre“ bei diesen Pferden zum Erfolg führt, weil diese ja für eine ganz andere Statik entwickelt wurde. Sie dient dazu die Mobilität des Pferdes zu erhöhen; heute müssen die Pferde aber zunächst einmal stabilisiert werden, um ein Reitergewicht ohne Schaden zu nehmen tragen zu können.

Im Folgenden werden wir ausführlicher auf die einzelnen Aspekte der Zuchtveränderung und ihre negativen Auswirkungen auf die Pferde eingehen. Wir beantworten auch gerne Fragen zu diesem Thema.